Chatkontrolle – es wird ernst!

Derzeit wird in der EU eine neue Verordnung diskutiert „zur Festlegung von Vorschriften zur Prävention und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern“. Wobei man wissen sollte, dass schon seit vielen Jahren in der EU der Kinderschutz als Vorwand für die Einschränkung von Bürgerrechten dient. In diesem Fall: Chatkontrolle! Die ursprüngliche Fassung dieses Vorschlags stammt aus dem Mai 2022. Im Juli 2025 gab es eine Aktualisierung. In der nächsten Woche, vermutlich schon Dienstag, wird die Bundesregierung eine Haltung zur vorgeschlagenen Gesetzgebung auf EU-Ebene entwickeln, eine Abstimmung im Rat der Europäischen Union ist bislang für den 14. Oktober geplant.

Teil der Verordnung ist eine Maßnahme zur Einführung der sogenannten Chatkontrolle auf Basis von Client-Side-Scanning. Dabei sollen auf jeglichen privaten Endgeräten alle Nachrichten, Fotos oder Videos vor der Verschlüsselung und dem Versand gegen eine Datenbank abgeglichen werden und bei Verdacht an Strafverfolgungsbehörden gemeldet werden.

Wissenschaftler*innen und Organisationen der digitalen Zivilgesellschaft weisen auf die daraus resultierende Schwächung von Ende-zu-Ende-Verschlüsselung hin, auf die Unwirksamkeit der Maßnahmen zur Reduzierung von Kindesmissbrauch sowie auf eine zu erwartende Erweiterung des Scannens auf andere Straftatbestände oder politische Ziele.

Nach der elektronischen Patientenakte ist das ein weiterer Angriff auf die Vertraulichkeit der Kommunikation, auch im Verhältnis zwischen behandelnen Personen und Patientinnen.  Denn man muss davon ausgehen, dass auch in diesem Verhältnis elektronische Anwendungen genutzt werden. Man kann sich immer weniger darauf verlassen, dass ein therapeutisches Gespräch vertraulich bleibt. Dadurch wird es dazu kommen, dass dieses Gespräch seltener gesucht wird. Die Betroffenen von psychischen Störungen werden sich allein gelassen sehen. Der Schutz der Opfer verschiebt sich, von der Prävention zur Repression. Dieser Schutz ist aber weniger wirksam. Man erreicht also das Gegenteil von dem, was  beabsichtigt ist.

Verpflichtende Einführung der Elektronischen Patientenakte (ePA) ab 1.10.2025 – Top oder Flop?

Nach 20-jähriger Planung, Milliardenausgaben und Verschiebungen soll die ePA für alle nun ab 1.10.2025 für Ärzte, Psychotherapeuten und Apotheker verpflichtend eingeführt werden. „Auf teuren Kongressen wird die ePA als Erfolgsmodell beworben. Für die gesetzlich Versicherten sieht die Sache völlig anders aus“, kommentiert Jan Kuhlmann, Jurist und Sprecher des „Bündnis Widerspruch gegen die ePA„. „Wie die Süddeutsche Zeitung kürzlich berichtete, nutzen nur 8 % der gesetzlich Versicherten tatsächlich die ePA, während ein größerer Anteil von 11 % der Anlage ihrer ePA widersprochen hat. Unabhängig davon floppt das e-Rezept ebenfalls. In den letzten Monaten haben häufige Systemausfälle zu massiven Problemen in der Arzneimittel-Versorgung geführt. Ärzte und Apotheker sprechen inzwischen davon, dass das e-Rezept in punkto Unzuverlässigkeit der Deutschen Bahn den Rang abgelaufen habe.“

Politische Versprechen eingehalten?

Im April 2025 wurde der Einführungszeitpunkt der ePA verschoben mit dem Versprechen, dass bis Ende September ausführliche Tests in Testregionen durchgeführt und als erfolgreich ausgewertet werden sollten. Außerdem sollten die Sicherheitslücken vollständig beseitigt sein. Nur dann würde die verpflichtende Einführung erfolgen“ so Dr. Silke Lüder, Fachärztin für Allgemeinmedizin in Hamburg. „Nichts davon ist passiert“, führt Lüder weiter aus. „Die beteiligten Test-Ärztinnen und Ärzte stellten der ePA in der Praxis ein eher schlechtes Zeugnis aus. Praktische Erfahrungen aus dem Klinikbetrieb sind unbekannt. Die technische Verfügbarkeit entspricht nicht den Anforderungen. Die Telematikinfrastruktur belastet die medizinische Versorgung in Deutschland durch Zeitverluste, hohe Kosten und häufige Totalausfälle. Trotzdem werden Ärzte und Psychotherapeuten jetzt mit finanziellen Strafen genötigt, die ePA aktiv zu befüllen.“

Schweigepflicht überflüssig?

Mit der ‚ePA für alle‘ wird die ärztliche Schweigepflicht faktisch abgeschafft“, kritisiert Dr. Andreas Meißner, Psychiater und Psychotherapeut aus München. „Die freiwillige Teilnahme wurde gesetzlich umgeändert in eine Widerspruchslösung (opt-out). Gleichzeitig wurden Sicherheitskriterien gesenkt und die Zugriffsregelungen für alle Berufsgruppen sind viel zu weitgehend“ bemängelt Meißner. Der Fokus des Mammutprojektes liege nicht auf besserer Medizin, sondern auf Auswertung der Krankheitsdaten durch Pharmafirmen und KI-Training. Aus diesem Grund lehnten viele Ärztinnen, Ärzte und Psychotherapeuten das für medizinische Zwecke wenig hilfreiche System weiterhin ab und engagierten sich zusammen mit Versicherten und Datenschützern in kritischer Zusammenarbeit, so Meißner. Auch der Deutsche Ärztetag 2025 habe im Mai deutliche Verbesserungen im Gesamtprojekt gefordert. Diese seien bis heute aber nicht realisiert worden.

Wer sicher sein möchte, dass seine Daten nicht in dieses unausgereifte System gelangen oder für andere Zwecke als die medizinische Behandlung missbraucht werden, hat die Möglichkeit, seine ePA löschen zu lassen. Hierfür genügt ein formloser Widerspruch gegenüber der Krankenkasse, z.B. mithilfe des Widerspruchs-Generators auf widerspruch-epa.de.

Quelle: Pressemitteilung des Bündnis Widerspruch gegen die ePA vom 30.09.2025 – Kontakt: kontakt@widerspruch-epa.de

Gutachten des Bundesrechnungshofs: Ex-Gesundheitsminister Spahn und die Gematik – ein Fass ohne Boden und ohne Kontrolle

Jens Spahn (CDU) war Bundesgesundheitsminister, als der Bund 2019 durch Änderungen in § 310 SGB V  Mehrheitsgesellschafter bei der Gematik GmbH wurde. Diese Firma steuert seit Jahren die Einführung zentraler Digitalisierungsprojekte im Gesundheitswesen: Die elektronische Gesundheitskarte (eGK), die elektronische Patientenakte (ePA), das e-Rezept und anderes mehr. Kurz darauf übernahm Markus Leyck Dieken, Geschäftspartner beim Kauf eines Hauses und „alter Kumpel aus schwerer Zeit“ (F. J. Degenhardtdie Geschäftsführung der Gematik. Gutachten des Bundesrechnungshofs: Ex-Gesundheitsminister Spahn und die Gematik – ein Fass ohne Boden und ohne Kontrolle weiterlesen

Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen Nutzung einer DNA-Probe zur künftigen Strafverfolgung

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 12.08.2025 (Aktenzeichen: 2 BvR 530/25) eine gerichtliche Anordnung zum Speichern von DNA-Daten wegen unzureichender Gefahrenprognose und Sachaufklärung aufgehoben und damit einen Wegweiser zur Durchsetzung von Grundrechten bei der Strafverfolgung mithilfe von DNA-Proben aufgestellt. Es betont in seiner Entscheidung: „Die Feststellung, Speicherung und (künftige) Verwendung eines DNA-Identifizierungsmusters greift in das durch Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verbürgte Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ein, denn diese Maßnahmen berühren die aus dem Gedanken der Selbstbestimmung folgende Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden…“ (Beschluss, Rn. 15). Erfolgreiche Verfassungsbeschwerde gegen Nutzung einer DNA-Probe zur künftigen Strafverfolgung weiterlesen

Sensible DNA-Daten schützen, bevor es zu spät ist!

Das fordert das Gen-ethische Netzwerk e. V. in seinem Newsletter vom 04.09.2025. Darin informiert es über Pläne der Universitätsklinik Heidelberg, wonach ein Forschungsteam aktuell Voraussetzungen für ein gigantisches Gesundheitsprojekt: die Untersuchung des gesamten Erbguts aller Neugeborenen in Deutschland, das sogenannte genomische Neugeborenen-Screening“ erarbeitet. „Es wird aber darüber diskutiert, die Daten langfristig zu speichern, um sie außerhalb der medizinischen Untersuchung, bspw. für die Forschung, zu verwenden. Damit entstünde eine nationale DNA-Datenbank für alle künftig geborenen Menschen – ohne eine eigene Zustimmung der betroffenen Kinder.“ Sensible DNA-Daten schützen, bevor es zu spät ist! weiterlesen

Hackerangriff auf Ameos-Klinikkonzern – Patient*innen-Daten in Gefahr: Die Konzernleitung agiert rechtswidrig

AMEOS gehört neben Helios und Sana zu den größten privaten Klinik-Betreibern im deutschsprachigen Raum. „AMEOS sichert die Gesundheitsversorgung in den Regionen: An über 50 Standorten in unseren Krankenhäusern, Poliklinika, Reha-, Pflege- und Eingliederungseinrichtungen sind wir Vorreiter in Medizin und Pflege. AMEOS steht für eine umfassende und zukunftssichere Versorgung der breiten Bevölkerung in regionalen Netzwerken. Denn für AMEOS gilt: vor allem Gesundheit.“ So die Selbstdarstellung des AMEOS-Klinikkonzernauf seiner Homepage.

Am 09.07.2025 erklärte die AMEOS Gruppe in einer Pressemitteilung lapidar: „Netzwerkstörung bei AMEOS – Eine zentrale, selbst vorgenommene Abschaltung der Netzwerke hat zu Einschränkungen bei der Verfügbarkeit digitaler Dienste in den AMEOS Einrichtungen in Deutschland geführt. Die AMEOS IT identifizierte am Montagabend einen Angriff und schaltete vorsorglich alle digitalen Systeme ab. Seitdem arbeiten die Experten der IT-Services mit höchster Priorität an der Wiederinbetriebnahme…“ Was sich so harmlos liest, hatte offensichtlich tiefgehende Auswirkungen. Nicht nur in der Versorgung von Patient*innen und Pflegeheim-Bewohner*innen sondern auch im Bezug auf deren Gesundheits- und Behandlungsdaten. Mit hoher Wahrscheinlichkeit gelang es den Betreiber*innen des Hackerangriff, auf diese Daten in großem Umfang Zugriff zu erhalten. Hackerangriff auf Ameos-Klinikkonzern – Patient*innen-Daten in Gefahr: Die Konzernleitung agiert rechtswidrig weiterlesen

Das Netzwerk von Jens Spahn in Politik, Geschäftswelt und Medien…

…ist Gegenstand von zwei aktuellen, informativen und lesenswerten Beiträgen auf der Internetplattform Correctiv.org.

Im ersten Beitrag Netzwerk mit Nebenwirkungen: Jens Spahn und der Milliardär liegt der Blick auf dem „Tech-Milliardär Christian Angermayer“. Dieser hat lt. Correctiv.org zum Teil über Firmen knapp 300.000 Euro an die CDU gespendet. Er gilt als Trump-nah und soll gut mit Jens Spahn verdrahtet sein. Als Investor hat er offenbar indirekt von einem millionenschweren Covid-Arznei-Deal der Bundesregierung (sprich: des damaligen Bundesgesundheitsministers Jens Spahn) profitiert.“

Und im zweiten Beitrag Medien und Medizinsoftware: Der Profiteur von Spahns Politiksteht der „CDU-nahe IT-Millionär Frank Gotthardt – der im Kontakt zu Spahn stand und dessen Firmennetzwerk stark von den gesundheitspolitischen Weichenstellungen profitierte“ im Mittelpunkt. Dieser Beitrag ist für alle, die sich kritisch mit der Telematikinfrastruktur im Gesundheitswesen und mit der Gematik auseinander gesetzt haben und es immer noch tun, von noch größerem Interesse. Das Netzwerk von Jens Spahn in Politik, Geschäftswelt und Medien… weiterlesen

Polizei in Hessen: Systematische „Gefährderansprachen“ bei psychisch „auffälligen“ Menschen?

Darüber informiert Netzpolititik.org. in einem Beitrag vom 08.07.2025. Darin wird berichtet, dass die hessische Polizei… systematisch alle Personen in ihren Datenbanken durch(geht), bei denen sie einen Hinweis auf eine ‚Psychische und Verhaltensstörung‘ gespeichert hat. Damit will sie Risiken für Gewalttaten erkennen und etwa Gefährderansprachen oder Überwachung planen.“ Polizei in Hessen: Systematische „Gefährderansprachen“ bei psychisch „auffälligen“ Menschen? weiterlesen

Nach Hackerangriff auf Kliniken in Mecklenburg-Vorpommern: Patient*innendaten im Darknet gefunden

„Beim Cyberangriff auf die LUP-Kliniken im Landkreis Ludwigslust-Parchim Anfang Februar sind offenbar patientenbezogene Daten gestohlen worden. Das hat der Landkreis auf einer Pressekonferenz in Ludwigslust bekannt gegeben. Welche Daten die Angreifer bekommen haben, kann laut Landrat Stefan Sternberg (SPD) noch nicht genau gesagt werden.“ Dies meldete der NDR am 19.02.2025.

Und am 23.07.2025 war im Landkreisboten, dem Informationsblatt für den Landkreis Ludwigslust-Parchim, zu lesen: „Die forensischen Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Cyberangriff haben ergeben, dass unberechtigt personenbezogene Daten abgeflossen und im Internet (Darknet) veröffentlicht worden sind

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Was dürfen Unternehmen über Gesundheitsdaten von Beschäftigten wissen und was dürfen sie damit tun?

Ein Thema, das viele erkrankte Beschäftigte berührt und verunsichert. Und bei dem Unternehmen auch Missbrauch betreiben.

Bekanntester Fall aus diesem Jahr: Die deutsche Niederlassung von Elon Musks Autofabrik Tesla in Grünheide (Brandenburg). Das Unternehmen soll nach Angaben der IG Metall eine nennenswerte Zahl von Beschäftigten nach Krankschreibungen aufgefordert haben, Ärzte von ihrer Schweigepflicht zu entbinden und Diagnosen offenzulegen. Lohn soll in dem Zusammenhang zurückgefordert oder einbehalten worden sein. Was dürfen Unternehmen über Gesundheitsdaten von Beschäftigten wissen und was dürfen sie damit tun? weiterlesen

Patientenrechte und Datenschutz e.V.